Posts Tagged ‘Zigarette’

… über Rauch …

31. Mai 2010

Berlin – 31. 5. 2010

Über Rauch wie auch über den aktiven Umgang mit demselben, das Rauchen also, läßt sich vortrefflich philosophieren, denn die luftigen und damit kurzlebigen weil unbeständigen Strukturen zeichnen alsbald schöne und quicklebendige Metaphern von zwei grundlegenden Wesenheiten, nämlich von sich entfaltender Dynamik und außerdem der damit einhergehenden Vergänglichkeit. Die zurückbleibende Asche nach dem Rauchgenuß wurde daher gern im Barock als Sinnbild für die Endlichkeit des menschlichen Lebens genommen. Ob nun im Tobackspfeifenlied, das Bach vertont hat, oder im Vanitas-Gedicht ( Es ist alles eitell) von Andreas Gryphius: … Was itzund prächtig blüht soll bald zertreten werden. / Was itzt so pocht undt trotzt ist morgen Asch und Bein. Nichts ist das ewig sey / kein Ertz kein Marmelstein…. Und nicht viel anders ergeht es am Ende immer der Zigarette, was grad zuvor noch rosig glüht, wird bald zerdrückt und ausgelöscht. Nun, das Leben ist eine kurze Spanne, aber das merkt man erst langsam so mit der Zeit, zumeist erst dann, wenn ma dem Ende schon merklich näher gekommen ist. Eine sinnliche Metapher somit, die der Raucher ständig aufs neue vor Augen hat. Da braucht es nicht das schrille Gekeife der Antiraucherlobby – Raucher sterben früher oder noch’n Zacken schärfer wie in USA: Smoking kills. So steht’s bei den Amis auf den Zigarettenschachteln. Mag sein, daß sie solche Sprüche für eine gute Prävention halten, im Vertrauen darauf, daß die heranwachsende Jugend fürderhin glaubt, man würde gleich tot umfallen, wenn ma eine Zigarette oder doch wenigstens das ganze Päckchen geraucht hat. Da müßten schon hin und wieder kleine Sprengsätze eingebaut sein, damit dieser alberne Spruch Geltung beanspruchen könnte. Nein, die Zigarette kann gar vieles sein, in Notzeiten wie in den ersten Jahren nach 1945 wenn nicht Geldersatz und Ersatzwährung so doch ein probables Tauschmittel, ebenso eine spontane freundliche Geste, die darin besteht seim Gegenüber eine anzubieten oder ein veritables Zeitmaß, um endlich den Schlußpunkt zu setzen, wie es Reinhard Mey in eim eingängigen Lied tat. Gute Nacht, Freunde, es ist Zeit für mich zu gehn; was ich noch zu sagen hätte, dauert eine Zigarette und ein letztes Glas im Stehn. Paßt auch gut als Schlußwort; nur das noch, für Glas haben wir früher gerne öfters Mal eingesetzt …

Hier noch ein Rauchzeichen.

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…früher Genießer – heute Süchtige…

18. Juni 2008

18. 6. 08 Mi

Um noch einmal kurz darauf zurückzukommen, die Anekdote von Kleist war doch ganz spannend und bezeichnend, oder ?  Eine Geschichte, die in meiner Schulzeit mit Sicherheit im Lesebuch stand, aber ob sie noch heute dort zu finden ist, weiß ich nicht, wohl eher nicht, weil zu militärisch (und vaterländisch) und dann ist da noch ein Typ im Zentrum, der nicht vom Tabak lassen kann, bevor er etwas anfängt. Vielleicht sind da andere mehr im Bilde als ich. Die mögen es gerne nachtragen; fänd ich gut. Überhaupt könnte ich mir vorstellen, daß hier noch andere Rauchergeschichten präsentiert werden, damit man umso besser sieht, daß die Raucher nicht zu allen Zeiten so verschmäht wurden wie jetzt eben und mit den letzten haltlosen Asozialen auf eine Stufe gestellt werden. Das ist ja so mit der Punkt, der mich am meisten wurmt. Wer also ähnliche Geschichten weiß oder interessante Passagen kennt von bekannten Autoren, in denen Raucher eine starke Rolle spielen, der möge mir den Text schicken oder den Autor nennen und ich stelle es unter Rauchergeschichten hier rein. Sollte natürlich nicht zu lange sein. Aber muß nicht unbedingt eine Geschichte, also fiktionale oder nachgestaltete Wirklichkeit sein, kann ebenso auch ein essayistischer oder feuilletonistischer Text sein. Warum ?   Einfach um sich selber Mut zu machen und den angemaßten Saubermännern, die sich so penetrant nach vorne geschoben haben, mit gewichtigen Stimmen aus der Literatur und der Kulturgeschichte Paroli zu bieten. Denn sie haben eigentlich nichts weiter zu bieten als sinnentleerte Effizienz und pseudowissenschaftliches Geblubber. Konkret heißt das etwa im Namen der Gesundheit eine Gesundheitsdiktatur zu errichten (oder im Namen der Terrorabwehr einen Überwachungsstaat). Übrigens Gesundheit ließe sich auch als Krankheitsabwehr bzw. Abwesenheit von Krankheit beschreiben bzw. definieren. Was diese Leute umtreibt, ist, ich muß es wohl sagen, ein idiologisches Sendungsbewußtsein, das mit einer typisch linken Avantgarde-Logik einhergeht; nach dem Motto, da die Leute nicht wissen, was ihnen eigentlich gut tut, muß man sie also mit repressiven Mitteln und der gebotenen Gesetzeskraft zu ihrem Glück zwingen; denn das gebietet nun einmal die Obhutspflicht des Staates. In meinen Augen irgendwie doch eine ziemlich einseitige Betrachtungsweise und von daher sehr verdächtig, weil man alles, eben alle Lebensregungen nur allein auf Gesundheit und Gefährdung derselben zu reduzieren versucht. Zum Glück gab es schon immer Leute, die dieser diktatorischen und totalitären Sichtweise gehörig auf den Zahn gefühlt haben. Da fällt mir gleich Ernst Jünger ein; übrigens auch ein passionierter Raucher, der noch mit 100 sich gerne eine anzündete. Als Anarch läßt man sich sowieso nicht so gern etwas vorschreiben. Ähnliches gilt auch für einen anderen Granden, Old Smedly, ich meine Helmut Schmidt; der gab nämlich der BILD ein ausführliches Interview – groß herausgestrichen auf Seite 2 mit eim großen Bild von demselben darüber gesetzt. Zu sehen also ein Helmut Schmidt, der die Kippe hochhält und hinter Rauchschwaden halb verschwindet. Echt scharf. Denke mal, daß er und auch die Macher sich etwas dabei gedacht haben. Sage nur – Zeichen setzen.

Aber zurück zu Ernst Jünger; habe da von ihm aus dem Buch ANNÄHERUNGEN (Untertitel: Drogen und Rausch) ein sehr interessantes und aufschlußreiches Zitat.

“ So hat man, um in diesem Zusammenhang eines der großen Geschenke Amerikas an Europa, den Tabak, zu erwähnen, ziemlich genaue Ziffern hinsichtlich des Verhältnisses gewonnen, das zwischen dem Nikotin und einer Reihe von Krankheiten besteht. Solche Ermittlungen gehören in das Gebiet der Ökonomie; man muß jedoch, um sie anzuerkennen, bereits den Begriff des „Nutzens“ akzeptiert haben, unter dem sie getroffen sind.

Der Nutzen ist in diesem Falle hygienischer Natur. Indessen könnte mit dem Rauchen in anderer Hinsicht auch Gewinn verknüpft sein – schon das Wort „Genuß“ deutet es an. Man könnte an die Behaglichkeit im Gespräch denken, an die Verkürzung einer langweiligen und an die Verflüchtigung einer trüben Stunde, an eine Assoziation, die eben auf diese Weise gefördert wird – an einen Augenblick des Glücks schlechthin. Jede Konzentration, aber auch jede Entsprannung muß bezahlt werden. Ist der Genuß die Ausgabe wert ? Hier ruht das Problem, zu dem die Statistik nur Daten liefern kann. Es taucht im Raucher vor jeder Zigarette auf.

Die Statistik bestätigt nur eine seit jeher bekannte Tatsache: daß die Droge gefährlich ist. Wer sich mit ier einläßt, geht ein Risiko ein, das um so höher wird, je weniger er kalkuliert. In dieser Hinsicht freilich, zum Vergleich von Gewinn und Einsatz, hat die Statistik ihren Wert.“