Posts Tagged ‘Tabac’

…‘Raucht Papst Benedikt ?’…

30. März 2010

Berlin,
30. 3. 2010 Di

Jetzt, wo die 20.000er Schwelle übersprungen ist, hatte ich eigentlich vor, ein wenung die Statistik sprechen zu lassen. Ist recht interessant, mitunter auch kurios und zuweilen witzig, vor allem bei den Suchbegriffen zB. folgende Frage ‘Raucht Papst Benedikt ?’. Der Sucher bzw. der Besucher dürfte wohl fündig geworden sein hier im Raucherclub, zumindest annäherungsweise, denn man munkelt in den sogenannten wohlinformierten Kreisen tatsächlich dergleichen. Der SPIEGEL hat einige Zeit nach dem Antritt des Pontifikats von Papst Benedikt XVI. in diese Richtung spekuliert (in der Rubrik ‘Personalien’ und durchblicken lassen, daß der Pontifex zur Entspannung gerne mal in seinen Privatgemächern zu einer Marlboro greife. Ob es allerdings Fotos gibt, auf denen der Papst mit Kippe in der Hand oder im Mund (wollte erst Schnabel schreiben) abgebildet wird, ist mir nicht bekannt. (Wenn man einmal von der frechen TITANIC-COLLAGE  Wir quarzen weiter absieht.) Muß mal jemand anderes nachrecherchieren. Am besten den Georg Gänswein fragen. Aber die Vorstellung würde mich nicht weiter verstören, dh. es würde ihn mir keinesfalls weniger sympathisch machen, ganz im Gegenteil. Rauchen zählt, soweit mir bekannt, in katholischen Kreisen eher zu den kleinen Sünden, sintemal über dieses Laster ja so gar nichts in der Bibel steht. Kein Wunder, mußten doch etwa anderthalb Jahrtausende vergehen, bis Europa erstmals Bekanntschaft mit dem TABAC machte. Dem Rauch gegenüber war man überdies im allgemeinen sehr aufgeschlossen und nutzt ihn ja seit ehdem bis heute für rituelle Zwecke als festen, einfach nicht weckzudenkenden Bestandteil der Heiligen Messe. Weihrauch und Myrrhe, eifrig von Ministranten geschwenkt, in dicken Schwaden um die Köpfe der lauschenden Gemeinde waabernd, nun, das macht gleich eine andere Stimmung, wenn nicht Schwingung, daß man nur zu gerne den erhebenden, leicht benebelnden heiligen Rauch einsaugt und im aufsteigenden Behagen den Alltag mit Hektik, Lärm und Tempo schnell hinter sich läßt. Der Rauch wirkt und macht andächtig und kommt zum Menschen wie eine sinnliche Metapher vom Geist Gottes, der den Begnadeten, den Erleuchteten in der tiefen Versenkung anweht und ihn mit gleißendem Licht und überwirklicher Klarheit auf eine Stufe von Präsenz und Erkenntnistiefe hinauf katapultiert, als wären ihm gerade erst die Augen aufgegangen nach vielzulanger Blindheit …  Mittels des Weihrauchs also erfährt die anwesende Gemeinde sowohl als Ganzes wie auch jeder für sich das Wirken der Transzendenz tief in sich als das Heranwehen des Geistes, der seit jeher als luftige Erscheinung gedacht wird – Spiritus flat ubi vult*und jetzt gerade in Gestalt betörenden Rauchs von den Nüstern eingesogen wird. Tja, sogesehen könnte man sagen, die Katholen wissen schon, was sie am Rauch haben und wissen ihn auch vorzüglich einzusetzen. Übrigens, durfte in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in der Peterskirche in Rom während der Messe von den Gläubigen geraucht werden. Doch davon ein Andermal mehr. Ein nämliches gilt für die Statistik und was diese über den Blogg und dessen Leser verrät.

* Wer nicht weiß, was das heißt, soll einfach mal gugeln (Ergebnisse 1-10 von ca. 422 für „spiritus flat“.

Das für heute empfohlene Lied entfaltet eine durchaus vergleichbare Wirkung wie eben Weihrauch oder andere Kräuter …

…Musikspur: Kaoma – Lambada…

Und auch nicht zu verachten, dieser kurze Beitrag aus  meim annern Blogg

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…Geneigter und Tabac=liebender Leser…

26. Februar 2010

Eo Scheinder - Originelle Köpfe
Ent(en)würfe von Eo Scheinder

Berlin – 25. 2. 2010 – Do

Um an den letzten Beitrag anzuknüpfen und endlich den wunderbar polemischen und streitbaren Text, die Vorrede nämlich  zu Heinrich Ernst  Kestners köstlichen ‘Ergötzlichkeiten vom TABAC’ hier nun reinzustellen – der Gegensatz zwischen den Rauchern und den Nichtrauchern (wie auch die oftmals nur sehr schwach ausgeprägte wechselseitige Wertschätzung ) ist so alt wie … nein, besteht ziemlich von Anfang an, seit es Menschen gibt, die Tabakrauch willentlich und bewußt zu Genußzwecken inhalieren. Für die einen ein Genuß, auf den sie ungern auf länger verzichten, und für die anderen ein regelmäßiges Ärgernis, das ihnen einfach stinkt. Punkt.  Wat dem een sin Uhl, is dem annern sin Nachtigal.  Was für den passionierten Raucher unbeschwerten Genuß, Atmosphäre, ja  ein bestimmtes Lebensgefühl ausdrückt (siehe: Rauchen kann gemütlich sein), etwa wenn man bei eim Besuch irgendwo im Raum einen Aschenbecher erblickt (und gleich ist man angenehm berührt), ist für strikte Nichtraucher der reinste Horror, eine Ungehörigkeit und Verirrung, gegen die mit Nachdruck und allen möglichen passenden oder unpassenden Argumenten gewettert und gegiftet werden muß. Zunächst wird der Genuß als solcher angezweifelt und gleich in die Nähe von Suchtverhalten und Krankheit gerückt und die Raucher als schlimme Luftverpester und rücksichtslose Menschen getadelt. Denen man mit vernünftigen Argumenten klarmachen müsse, daß sie einem ungehörigen Laster anhingen, von dem sie sich doch um der Allgemeinheit und um des lieben Friedens willen endlich lossagen sollten …  Ständig und ungefragt diese Einflußnahmen, ständig muß man sich als Raucher rechtfertigen, weil man (noch) raucht und immer versuchen die sturen Nichtraucher mit ihrer Maulerei den luftigen Gesellen ein schlechtes Gewissen zu machen. Was aber nicht gelingt. Heute nicht und wie man gleich lesen kann damals vor fast 300 Jahren auch nicht.


Geneigter und Tabac=liebender Leser

Da ich ohnlängst meiner vertrauten Tobacs=Compagnie, in welcher ich täglich zu sein pflege / beywohnte / brachte einer dieses / der andere jenes zur Unterredung vor / damit die Zeit bei Loßbrennung deren Pfeiffen den Abend hindurch vergnüget zuruck geleget würde. Unversehens erkühnte sich einer unserer Gesellschaft / welcher/ nach Tabacs=Stylo zu reden / ganz trocken am Tische sasse / und keinen Tabac schmauchte / die Würde und Herrlichkeit unses edlen Krauts / nebst seinem vornehmen Erfinder / Johann Nicot, verächtlich zu halten / ja gänzlich zu vernichten. Er brachte / nebst andern verschiedenen Beweiß=Gründen / seinen Satz zu behaupten / auch diesen vor / weil nemlich so vieles Unglück dadurch geschehen; weßwegen auch der Caar in Moscau und der König von Ceylon gedrungen worden / desselben Gebrauch ihren Unterthanen bei Lebens=Straffe zu verbieten; weil so viel Menschen sich dadurch entweder jähen und frühzeitigen Tod über den Hals gezogen / oder doch bei der vernünftigen Welt verächtlich gemacht hätten. Doch alle seine so genannte Argumente waren von solcher Schwäche / daß sie auch fast von sich selbst hinzufallen schienen. Der Mißbrauch einer Sache hebet deswegen den Gebrauch nicht auf / viel weniger kann man schliessen / wenn ein Mensch durch den NB. unmässigen Gebrauch frühzeitig gestorben ist / dass just alle Menschen / wenn sie sich derselben mässig bedienen / davon sterben müssen. Der Wein / und alle andere Göttliche Gaben / welche er zu des Menschen Nutzen darreichet / können / wenn sie von ihm unmäßig gebrauchet werden / sein stärckestes Gifft / da sie / mässig von ihm genossen / zu seiner Artzney so wol als seinem grösten Nutzen dienlich seyn. Es bleibet auch dabei / wie jedwede Sache seine Verächter so wol als seine Liebhaber hat / so nehme ich auch den Tabac nicht aus / indem sich Leute von beyderley Geschlechtern finden / welche denselben so hoch erheben / als andere im Gegentheil verachten. Und wenn wird der gebohren werden / der alle seine Thaten nach jedes Menschen wunderlichen Humeur einrichten kann ?  Ich gestehe ganz gerne / daß ich denen unnützlichen Verschwendern des Tabaks / welche die Pfeiffe den ganzen Tag über nicht ruhen / viel weniger aus dem Mund kommen lassen / hierdurch das Wort gar nicht rede / doch sähe ich auch ungern / wenn dem so edlen / nützlichen Heil=Kraut seine grosse Zierde und herrliche Würckungen streitig gemacht würde. Derowegen habe ich mich / auff Bitte meiner sämtlichen Compagnie, bewegen lassen / durch diese dem geneigten und Tabac=liebenden Leser vorgelegte Ergötzlichkeiten denen Verächtern unserer Nicotianæ das Maul zu stopffen. Ich nenne sie (und zwar billig  / Ergötzlichkeiten / weil ernsthafte / mit scherzenden Gedancken vermischet darinnen gefunden werden. Ich werde anfänglich von dem Ursprung / denen vielerlei Arten und Würckungen des Tabacs reden / nachgehends dessen Recht durch eine Lateinisch=gehaltene und nun übersetzte Disputation beweisen / zuletzt aber verschiedene berühmter Männer in gebundener und ungebundenr Rede hinterlassene Gedancken über den Tabak / nebst denen Regeln einer geschlossenen Tabacs=Compagnie mittheilen. Der geneigte Leser gebrauche sich dessen / was ich ihm zu Gefallen zusammen getragen / zu seiner Vergnügung / erwarte auch von mir bei Zeit und Gelegenheit eben dergleichen Ergötzlichkeiten vom Thee, Coffe und Chocolate. Denen sauersehenden Gemüthern aber / sie seyen gleich männlich oder weiblichen Geschlechts / welche nicht nur den Tabac mit unaufhörlichem Hassen verfolgen / sondern auch die jenigen / so sich dessen bedienen / wo es möglich wäre / mit jenem zugleich aus der Welt zu verbannen trachten / deute ich hierdurch an / dass ich mit ihnen nichts zu schaffen / viel weniger diese Ergötzlichkeiten vor sie geschrieben habe / oder mich über ihr unzeitiges Urtheil / so sie von diesem Büchlein haben möchten / betrüben werde. Vielmehr rufe ich ihnen mit Apelle zu: NE SUTOR ULTRA CREPITAM:  Schuster (gehe nicht über deinen Leisten / oder Verstand / nebst angehängtem Wunsche / daß sie sich bekehren / und statt anderer Vergnügung ein Pfeiffgen Tabac vor ihre gröste Delicatesse mit mir haben mögen. Der geneigte und Tabac=liebende Leser lebe wol / und bleibe gewogen.
Geschrieben in meinem Musæo, d. 1. Apr. 1715
Seinem ergebensten und beständigen Tabacs=Freunde
.

Zum Ende noch ein Apho, der sich in den Apho-Briefen findet:

Man sagt heute gern:
Die Geschichte wiederholt sich nicht.
Und doch tut sie es.
Nur bedient sie sich
(für ihre Neuauflagen)
stets anderer Masken (und Nasen)
Und wählt dazu

immer auch neue Schauplätze,
(Apho Nr. 1260)

Hier noch ein etwas geharnischter Text zu eim anderen, einem echten Ärgernis.

HINWEIS: Am Samstag, den 6. 3. um 20.15 Uhr gibt es im LI-LA Literatur-Laden (Berlin-Charlottenburg) eine interessante Lesung des Berliner Freestyle-Philosophen, bei der auch zwei Texte aus dem Raucher-Club gelesen werden. Einladung im Neue-Spryche-Blogg.