Berlin, 28. 9. 09 Mo
Die Menschen sind verschieden. Zum Glück möchte ich anfügen, denn es wäre ja nicht auszuhalten, wenn sie alle gleich wären, wie manche Politiker und Utopisten sich das in ihren spätpubertären Träumen so sehr zu wünschen scheinen. Und zwar sind sie vor allem durch ihr Temperament verschieden. Entweder extravertiert oder introvertiert, entweder mehr eigenständig oder mehr konformistisch. Verschieden im Empfinden und im Erleben wie auch im Aussehen. Den einen zieht es immerfort in Gesellschaft, weil er es (mit sich) allein nicht auf Dauer aushält, während der andere eher die Gesellschaft flieht, weil er auf dummes Gequatsche doch leicht allergisch reagiert. Die so gegensätzlich gearteten Charaktere werden sich nicht verständigen können, wenn jeder von beiden nur seine Wesenart als die einzig vernünftige und richtige Lebenshaltung gelten lassen will. Nur wenn sie die Verschiedenheit der Temperamente erkennen und anerkennen, werden sie sich beide akzeptieren und zumindest einen Hauch verstehen können vom jeweils anderen Lebensgefühl. Aber das kann nur gelingen, wenn sie begreifen, daß es diese Unterschiede und die Verschiedenheit im Fühlen, Denken, Streben, Begehren usw. usf. einfach gibt und daß man sie voraussetzen muß. Aber gerade diese differenzierte Sichtweise ist gar vielen Menschen heute nur sehr eingeschränkt gegeben, da sie von sich selbst nicht absehen können und ihr eigenes Denken, Empfinden und Handeln zur Grundlage machen und als Maßstab nehmen, die Welt und die anderen zu verstehen und zu bewerten. Eine soliche Prämisse trägt nicht sehr weit und läßt an einen Menschen denken mit eim Horizont mit dem Radius Null, der dreist behauptet, dies sei auch gerade sein Standpunkt. Dabei ist die Sache ganz einfach; so wie es verschiedene Lebensphasen, die aufeinander folgen, gibt, so gibt es auch verschiedene Charaktere, die sich in unterschiedlichen Temperamenten äußern. Ein Komplexitätsschub, wie er für das Leben typisch ist – die verschiedenen (Lebens)Arten innerhalb einer Art. Ein Grundmuster dieser Verschiedenheit bietet seit dem ältesten Altertum die Astrologie, die von einander widerstrebenden Konzepten und Charakteren ausgeht. Wahrscheinlich liegt jeweils eine Grundschwingung zugrunde, die entweder auf Resonanz trifft oder beim Gegenüber zu Disharmonien führt; und danach bemißt sich dann im Anschluß der Wert oder Unwert einer Begegnung, einer Zusammenarbeit oder eines Austauschs über akute Themen. Auch wenn die Rationalisten und neurotischen Besserwisser bei dem Wort Astrologie vielleicht Zustände oder gar Lachkrämpfe bekommen, weil sie ihr Weltbild allein auf Materie und Kausalität gründen, ist es immer wieder frappierend, wie sehr diese Zuordnung nach Tierkreiszeichen und nach den Temperamenten (und Elementen: Wasser, Luft, Erde, Feuer) doch hilfreich ist, den Grundcharakter eines Menschen in seiner speziellen Wesensart zu erspüren. Am Ende noch folgende Tagebuchnotiz, die mir letztens vor Augen kam.
Die Luftzeichenverbundenheit, irgendwann fiel es mir auf – da ist mehr Leichtigkeit, da sie in vielem ähnlich ticken. Und dazu ein spannendes Buch gefunden (Liz Greene – Kosmos und Seele), mit Kapiteln wie diesem – Luft, Wasser, Erde, Feuer – die psychologischen Typen und dann dieses Zitat daraus, das wiederum eim anderen Buch entnommen ist (von eim gewissen Georg Herbert), der 1640 folgendes schrieb: „Der Choleriker trinkt, der Melancholiker ißt, der Phlegmatiker schläft. Was der Sanguiniker macht, bleibt der Phantasie überlassen, aber da er ‚ätherisch‘ oder luftähnlich ist, können wir vermuten, daß er wahrscheinlich philosophiert oder singt.“ Ja, möglich durchaus, und das tut er auch, wie ich aus eigener Anschauung weiß. Aber schlüssiger wäre – er raucht, sagt Eo. (Und plötzlich verstand ich, weshalb ich rauche.)