Archive for April 2008

… ein heimlicher Verbündeter …

29. April 2008

28. 4. 08 Mo

Endlich ist der Frühling eingekehrt. Das ist seit jeher besungen worden; man spürt und sieht es an allen Orten – die wärmende Sonne, die aufschäumende Natur und auch die Menschen schauen nicht mehr ganz so griesgrämig drein. Und überdies ist der Frühling, dieser Patron einer stets aufs neue erwachenden Freiheit, ein heimlicher Verbündeter der Raucher. Denn er öffnet mit magischen Strahlen alle Räume, die bislang zu unwirtlich und ungemütlich waren, und lädt ein zu angenehmem Verweilen. Oder etwas nüchterner ausgedrückt – man ist nun wieder lieber draußen statt drinnen. Und dieses draußen sein, egal ob in eim Straßencafé oder in Gottes freier Natur, ist nicht nur per se angenehm sondern darüber hinaus mit eim Mehr an Freiheiten verbunden. Im Freien nämlich hat dieses ominöse Gesetz, das den Rauchern offen und unverschämt den Kampf ansagt, bislang glücklicherweise noch keine Geltung. Wie erhebend diese Erfahrung, der Gast darf ungeniert zur Zigarette greifen; Aschenbecher stehen auch parat. Wenn man für eine Weile dann dasitzt, dem Strom des Geschehens folgt und immer mal einen Zug an der Zigarette nimmt, könnte man fast meinen, daß dies ganze Gemehre, das um das Rauchen und die Schädlichkeit desselben gemacht wird, nur ein böser Traum sei, von Menschen, die mehr rechthaberisch als weise sind und die den Menschen nicht verstehen, aber gerade deswegen meinen, ihn zu seim Glück zwingen zu müssen. Und zwar mit allen Mitteln, koste es, was es wolle. Leider kein Traum sondern schleichende Realität. Doch der Frühling ist dem Raucher hold und läßt die fortgesetzten Zumutungen ein wenig in den Hintergrund rücken. Soweit also die gute Nachricht, die schlechte Nachricht aber lautet, da ist ein Trend am Wirken, der immer neues Terrain zu besetzen versucht. Hab ich zumindest konkret so erlebt, ganz frisch dieses Wochenende, einmal bei einer Vernissage im Guggenheim seit neuestem nun total rauchfrei, nachdem es bis vor eim Jahr im großen überdachten Innenhof (mit einer Höhe von mehr als 25 m) keinerlei Beschränkungen gab und dann die Raucher in den schmalen und niedrigen Zwischenbereich abgedrängt wurden. Wer rauchen will, muß nun vor die Tür und auf die Straße. Keine xbeliebige Straße immerhin, eben die Friedrichstraße. Tröstet ein wenig; und man steht auch nicht alleine da, es gibt der Leidensgenossen mehr, die Sache verbindet und so findet man schnell ein Thema. Hatte dann noch ein paar Tage später eine Einladung bei den Östereichern, wieder eine Ausstellungseröffnung, doch diesmal im vierten Stock, sterile Atmosphäre, eher flau die Kunst, die Fenster alle geschlossen, die Architektur neu, aber nicht gerade ansprechend – von außen häßlich und von innen nicht minder. Im Ausstellungsraum wie erwartet Rauchverbot, ebenso im Vorraum, der mehr eine Art Treppenhaus ist. Die Botschaft eindeutig, der Raucher darf nicht mehr mit einer Nische rechnen. Doch plötzlich bemerke ich, daß es noch so etwas wie einen Balkon oder eine Balustrade gibt; begebe mich mit einer gewissen Vorfreude zur Glastür hin, die nach außen führt, aber muß alsbald feststellen, daß diese eben verschlossen ist. Wohlweislich, wie ich dann später erfahre. Einer von der Botschaft meint dann im vollen Ernst, die Tür nach außen sei deswegen abgeschlossen, damit nicht etwas passiere… Echt aberwitzig, was man sich da an Begründungen so alles anhören muß; es ging mir ja nur darum, auf den Balkon zu gehen, um eine zu rauchen. Aber dieses Ansinnen ging wohl über dessen Macht und Kompetenz. Da sei nun mal nix zu machen, er sei schließlich selber Raucher und es betreffe ihn ja damit selbst. Und daß es immer mehr werde mit den Verboten von oben usw blabla. Irgendwie doch ein seltsamer Vorgang; es geschieht etwas und die meisten die davon betroffen sind und ebenso die, die damit zu tun haben, finden es alles gut und trotzdem läuft die Sache ungebremst weiter, obwohl keiner so richtig dahinter steht, aber lassen wir das…

 

 

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… Wirt erhängt sich wegen …

9. April 2008

(vom) 8. 4. 08, Di


Muß es einfach mal so grob sagen – wir leben in ziemlich idiologisch verblendeten Zeiten; das spür ich ja schon lange und seh und erleb es jeden Tag zigfach. Übrigens eine gute Gelegenheit den treffenden Spruch von Georg Freitag mal wieder zu zitieren – Der Wahnsinn kursiert grenzenlos. Ja, so ist es. Anlaß für diese Zeilen ist ein tragisches Ereignis, das von BILD heute aufgegriffen und absolut reißerisch aufgemacht wurde.
Wirt erhängt sich wegen Rauchverbot !
° Monatelang kämpfte er gegen das neue Gesetz ° Immer mehr Raucher-Gäste blieben weg ° Im Abschiedsbrief klagt er die Politik an.
Das bundesweite Rauchverbot in Kneipen – jetzt gibt es ein Todesopfer ! Gastwirt Uli S. (60) erhängte sich, weil er Angst um seine Existenz hatte.

Soweit die BILD. Ein trauriger Beweis dafür, daß den Propagandisten des Rauchverbots (pardon heißt ja in unserer Lügenrhetorik des angewandten Neusprechs bandwurmmäßig Nichtraucherschutzgesetz) die wirtschaftliche Situation vieler Kneipenwirte, die durch die neue Gesetzeslage in ihrer Existenz gefährdet sind, einfach schnuppe ist. Das läßt sie in meinen Augen nicht gerade im Ansehen steigen. Dabei faseln alle diese Leute bei praktisch jeder Gelegenheit immer fett und breit von Toleranz, meinen dann aber stets nur die linke Tolleranz, die mit ll geschrieben wird (und so schnell tolleranzig schmeckt) also um endlich auf den Punkt zu kommen – wo, bitte schön, ist auch nur ein Gran von Toleranz zu finden, wenn ein dubioses Netzwerk aus Gesundheitsfanatikern, Gesellschaftsingenieuren, Politikern und anderen nicht klar erkennbaren Interessenvertretern plötzlich in apodiktischer Schärfe dekretiert, wie der einzelne Wirt seine Kneipe zu führen habe, nämlich dergestalt daß jeglicher Tabakgenuß innerorts verboten und damit zu unterbinden sei. Wo doch auf beiden Seiten des Tresens immer schon mit Genuß gequalmt wird und gerade die Kombination gemütlich nach Feierabend ein Bier zu trinken und dabei sich die ein oder andere anzustecken für viele Kneipenbesucher ein nicht unwesentlicher Anreiz darstellt selbige aufzusuchen; und das betrifft insbesondere die Gäste vieler kleiner Einmann-Eckkneipen (und damit keine „abhängig Beschäftigten“ „betroffen“ sind. Will man die Wirte (und Kneipen) nun gezielt fertig machen und existenziell ans Messer liefern, um die Menschen am Qualmen zu hindern? Und das führt gleich zur nächsten Frage. Wie kann eigentlich ein vernünftiger Mensch ein solches (beknacktes weil lebensfernes) Gesetz formulieren und dann noch erlassen, ohne derartige Folgen und Weiterungen zu bedenken ? Entweder es ist Fantasielosigkeit oder es steckt eine Absicht dahinter. Eine pädagogische wie es ausschaut, denn die Verbote und Einschränkungen dienten doch guten Zwecken, man wolle nur die Menschen gesünder machen, sie von schlechten und schädlichen Gewohnheiten heilen und damit den Menschen bloß vor sich selber schützen. So schmalzig klingen diese idiologischen Flötentöne; und im Grunde geht es ihnen mal wieder um den Neuen Menschen, den homo multikulturensis, der von seinen Traditionen entkernt, von seinen Vorurteilen geheilt und von seinen Lastern befreit werden soll. Bei solch einer hehren Zielsetzung wäre Toleranz natürlich absolut fehl am Platze. Die Raucher können ja vor der Türe rauchen, wenn sie denn unbedingt müssen, so geben sie in arroganter Abgehobenheit zu verstehen: Damit sie begreifen, daß das, was sie machen einfach bäh ist und ein (heimtückischer) Angriff auf die Gesundheit ihrer Mitmenschen dazu. Bei eim solchen Bedrohungsszenario muß selbstverständlich reagiert werden, lassen sie alarmierend verlauten, und daher sind eben gewisse Eingriffe in die Freiheit unvermeidlich, da man so die Menschen auf diesem Wege in eine viel größere Freiheit führen will blabla. Und schaut man genauer hin, kommt dieser ganze Schrott mit Gängelung, Regelung und Vereinheitlichung von der EU, und das schrottige NRSG liegt auf derselben Linie wie das die (Ein)Heimischen unter Generalverdacht stellende Antidiskriminierungsgesetz. Daß man bei solchen aberwitzigen Tendenzen und Gesetzen irre werden kann und die Welt nicht mehr versteht und letztlich daran verzweifelt, kann ich voll nachvollziehen. Und daß man irgendwann, wenn alles Bemühen fruchtlos bleibt, dann wirklich die Krise kriegt weil man das Gefühl hat, immer nur gegen eine undurchdringliche Wand zu rennen, und daß dann schließlich die glatte Verzweiflung über einen kommt und man bei diesem Treiben nicht mehr mitmachen will, letztendlich auch. Wer also solche Gesetze sich ausdenkt und auf den Weg bringt und diese den Menschen mit kaltschnäuziger Arroganz überstülpt, ist in meinen Augen nicht ganz koscher oder sagen wir besser nicht ganz knusper. Meine Wertschätzung hat er jedenfalls verloren und meine Zustimmung ebenso wie auch die Stimme, wenn mal wieder Wahl ist. Es ist wahrlich eine Schande, welche Dummlaffel heute Politik machen und welche Dummtraveller über die Geschicke der Menschen zu entscheiden haben.

PS. Spannende Lesung am Fr. 11. 4. 08 im LI-LA Literatur-Laden um 20.15 Uhr

Ambrose Bierce – „Geschichten aus dem Bürgerkrieg“

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